Die drei Wünsche
Es war kurz vor Weihnachten. Simon hatte tagsüber schon die Krippe aus dem Keller geholt und mit dem Aufbau begonnen. Jetzt – in der Nacht – träumte er von der fertig aufgebauten Krippe und davon, wie schön sie aussah.
Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er sich selber mitten in der Krippenlandschaft befand und alle Figuren lebendig waren; ja, er konnte sich sogar mit ihnen unterhalten.
Simons Blick fiel auf das Jesuskind in der Krippe, und Traurigkeit überkam ihn. „Warum bist du denn so traurig?“, fragte das Kind in der Krippe. „Weil ich für alle ein Weihnachtsgeschenk habe, nur für dich nicht“, antwortete Simon.
„Ich möchte aber etwas von dir geschenkt haben“, sagte das Kind in der Krippe. „Ich will dir alles schenken, was ich habe: meinen neuen Mantel, meine elektrische Eisenbahn, meine Spielesammlung, ...“, sprudelte es nur so aus Simon heraus. „Nein, das alles brauche ich nicht“, sagte das Jesuskind, „ich möchte drei ganz andere Geschenke von dir haben!“ „Aber was soll ich dir denn schenken?“, fragte Simon.
„Schenk mir deinen letzten Aufsatz.“ – „Den? Dafür habe ich doch eine 5 bekommen. ‚Mangelhaft’ hat der Lehrer darunter geschrieben.“ – „Eben deshalb will ich ihn haben! Du sollst mir immer das geben, was dir nicht gelungen ist, wo ‚mangelhaft’ oder ‚nicht genügend’ druntersteht“.
„Ich will noch ein zweites Geschenk von dir“, sagte das Jesuskind. „Deinen Milchbecher!“ „Aber den habe ich doch heute früh zerbrochen“, entgegnete Simon. „Du sollst mir immer das bringen, was du im Leben zerbrochen hast. Ich will es wieder heil machen. Gibst du mir das?“ – „Das ist aber schwer, Jesus.“
„Nun mein dritter Wunsch“, sagte Jesus. „Du sollst mir die Antwort bringen, die du der Mutter gegeben hast, als sie fragte, wie denn der Becher kaputtgegangen sei.“ Da wurde Simon ganz verlegen und flüsterte: „’Ich habe den Becher umgestoßen’ In Wahrheit habe ich ihn aber absichtlich auf die Erde geworfen, weil ich ihn nicht mag.“
Da sagte das Kind in der Krippe: „Du sollst mir immer deine Schuld, deine Lügen, deinen Trotz und deine Wut bringen. – Einfach alles Schlechte, was du getan hast. Wenn du damit zu mir kommst, will ich dir vergeben und dir einen neuen Anfang schenken. Willst du dir das schenken lassen?“
(Essener Adventskalender 2004, 12.12.)